26. März 2020

LIVE Q&A AUS VRINDAVAN
SHREE GIRIDHAR DHAM ASHRAM, 26. MÄRZ 2020

Im heutigen satsang per Livestream beantwortete Paramahamsa Vishwananda Fragen über die Geschwindigkeit seines Chantens, die Kultivierung der Demut, Erfahrungen mit Swamis und darüber, wer oder was Gott ist.

Jai Gurudev, alle zusammen!

Ihr seht also, wie ich schon sagte, die Welt wird paranoid, und die Paranoia hat sich wirklich in den Köpfen aller festgesetzt. Sogar hier in Vrindavan sind die Menschen, auch die Behörden, ein wenig „durchgedreht“. Und wenn man die indische Bürokratie kennt, da dreht sich alles um Papier, Formulare, Papier; wenn man ihnen ein Formular gibt, fragen sie morgen nach einem anderen und übermorgen kommen sie wieder und dann fragen sie nach mehr Papier. Es ist, als müsse man das Papier immer wieder drucken und es ihnen immer wieder geben. Natürlich liegt das auch an den Nachbarn, denn hier haben alle eine gewisse Mentalität – sie sind überzeugt, dass die Westler, die Ausländer, die Ursache für den Coronavirus in Indien sind. Vielleicht stimmt das teilweise, aber sie stecken alle in die gleiche Schublade. Und wann immer sie Ausländer sehen, sehen sie „Coronavirus“.

Und leider ist es nicht nur hier so, sondern auch im ashram in Deutschland. All die Jahre haben wir uns an alles gehalten, was die Behörden sagen, was die Regierung vorschreibt, und an das, was die Nachbarn sagten, wenn sie sich beschwerten, und trotzdem haben sie ein Problem mit uns. Ihr seht also, die Menschen lieben ihre Probleme, sie lieben ihre Sorgen, sie lieben ihre Angst. Anstatt sich darüber zu freuen, glückliche Menschen zu sehen, sind sie unglücklich. Sie suchen direkt danach, wie sie unglücklich sein können, und deshalb glaube ich, dass Bhagavan ihnen etwas gegeben hat, worüber sie jetzt unglücklich sein können. Also, was tun? Deshalb hatten wir einige Probleme, deshalb hat sich der satsang ein wenig verzögert. Aber ihr seht ja, wie es ist: Menschen sind Menschen. Seht, ich trage heute ein schönes T-Shirt mit Shiva, und auf dem Kopf von Shiva steht Krishna, und dahinter steht Sriman Narayana. Und ich denke, dort müssen wir sein. So wie Shiva seinen Geist fortwährend auf Narayana richtet, so sollten auch wir das tun und uns nicht über diese Leute Gedanken machen. Das ist also eine kurze Zusammenfassung dessen, was hier und im ashram in Deutschland passiert!

Als Du uns gesagt hast, dass wir 16 Runden japa machen sollen, hast Du uns auch gesagt, dass wir es nicht schnell machen sollen. Ich sehe den Livestream und Du machst es so schnell. Liegt es daran, dass Du sehr fokussiert bist, oder ist es etwas anderes?

Wenn wir chanten, dann chante ich eigentlich nicht „Om Namo Narayanaya“. Ich chante: „Vitthala, Vitthala, Vitthala, Vitthala, Vitthala“. Deshalb geht es schneller! Nun, seht ihr, wenn ich chante, ist in meinem Geist die Vision von Vitthala und Rakhumai.  Ich sehe Sie direkt vor mir. Und so interagiere ich mit Ihnen. Darum kann ich so schnell chanten.

Eigentlich spielt das keine Rolle, ob ich chante oder nicht, weil ich mich bei jedem Atemzug an Sie erinnere. Ich chante nicht für mich selbst, sondern für euch alle und auch, um euch zu inspirieren, täglich den Namen Gottes zu chanten. Denn wie ich schon zu Beginn des satsangs sagte, werden wir hier, überall, ständig an die Gegenwart Gottes in unserem Leben erinnert. Ob ich nun schnell oder langsam chante – ich mache es mit derselben Haltung und in demselben Glauben wie, wenn ich meine anderen Dinge im täglichen Leben erledige. Ich habe also zu euch gesagt, dass ihr chanten sollt, denn ihr alle müsst lernen, euren Geist zu beruhigen; aber in meinem Geist ist nichts, also gibt es nichts zu beruhigen! Ich kann also chanten, ich kann Seinen Namen schreien, ich kann laufen – es spielt keine Rolle, solange ich den Namen des Herrn chante. Und für euch gilt dasselbe. Ihr könnt den Namen Bhagavans chanten, wie immer euer Gefühl auch ist, solange ihr mit Glauben und Hingabe chantet. Das ist das Wichtigste. Wenn ihr chantet und  nicht an das glaubt, was ihr chantet, hat es  trotzdem eine gewisse Wirkung auf euch. Aber wenn ihr mit Glauben den göttlichen Namen chantet, wirkt es stärker und verleiht ihm eine so große Kraft, und das ist das Wichtigste. Ich genieße es wirklich, sehr sogar. Ich warte auf diese Zeit, ich schaue auf die Uhr, wann wird es 16:15 Uhr sein, so dass ich hier sitzen und mit euch allen chanten kann, wirklich!

Geliebter Guruji, was ist der beste Weg, um Demut zu entwickeln?

Wäre Bescheidenheit etwas wie ein Kilo Reis, den man einfach im Laden kaufen könnte, dann wäre es viel einfacher. Wenn Menschen über Demut sprechen, sprechen sie sehr oft darüber, als ob es ein Reiskorn wäre, so als ob man einfach in den Laden gehen  und es kaufen könnte. „Oh ja, ich bin sehr demütig.“ Nein! Demut ist ein lebenslanger Prozess, der sich entwickeln muss. Es geht nicht von einem Tag auf den anderen. Man wird nicht demütig, indem man sagt: „Ich bin demütig“. Demut erwacht, wenn man sein Selbstbild verändert! Wenn du voller Stolz und Ego bist, glaubst du, Demut wird erwachen? Du kannst höchstens sagen: „Ich bin demütig, ich bin demütig, ich bin demütig“.

Ich habe so viele Menschen gesehen, die denken, dass sie sehr demütig sind. Aber in Wirklichkeit, wenn man mit ihnen redet – sie reden immer nur über sich selbst. Sie sprechen nicht über Gott, sie sprechen über nichts anderes als darüber, wie großartig sie sind, was sie alles besitzen, und dann bezeichnen sie sich als demütig. Demut ist eine Tugend, und je tiefer man nach innen geht, desto mehr wird einem bewusst, dass man demütig sein muss. Seht ihr, was man über all die Dinge denkt, das macht einen arrogant, versteht ihr? Je mehr du denkst, du weißt etwas, desto arroganter wirst du. Aber je mehr du denkst, dass du noch viel lernen musst, desto demütiger wirst du.

Denn Lernen hört nie auf. Vom ersten bis zum letzten Atemzug wirst du immer weiter lernen. Demut ist also: wenn du vergisst, was du zu wissen glaubst. Sage dir, dass du nichts weißt, betrachte dich selbst und sieh es. Es geht nicht darum, dass du es nur sagst, es sollen nicht nur Worte sein, leere Worte, es geht um ihre Bedeutung! Wenn du dich selbst betrachtest – weißt du, wer du bist? Kennst du dich selbst? Warum dann all diese glamourösen Worte, wie großartig du bist, wie wunderbar du bist? All diese Größe, all diese Herrlichkeit, – in einem Augenblick kann der Herr sie wegnehmen. Und etwas derartiges geschieht ja gerade auch. Ihr seht, was in der Welt vor sich geht, wo dieser Virus jeden demütigt. Von den Obersten bis zu den Niedrigsten müssen sich alle bescheiden. Jeder wird an das Leben erinnert. Warum also arrogant sein, wenn man alles hier lassen und gehen muss? Das ist etwas, was ich nie verstanden habe: Warum müssen die Menschen auf das, was sie haben, stolz sein? Es ist gut, dass man gearbeitet hat, man hat viel verdient, das gehört einem. Aber warum darauf stolz sein? Warum deswegen arrogant sein? Man kann auch da bescheiden bleiben.

In der Bhagavad Gita, Kapitel 12, Vers 2, erinnert uns Bhagavan an die Eigenschaften, die ein Devotee haben muss.  Er nannte  drei Dinge, und zwar: „Jene, die ihren Geist auf Mich richten, jene, die Mich verehren und jene, die Glauben an Mich haben – sie halte Ich für die größten Yogis. Sie sind auf dem höchsten Weg.“ Dies sind drei einfache Dinge. Die Menschen sagen oft über den Bhakti-Weg: „Oh ja, Bhakti ist sehr einfach, es ist für einfache Menschen.“ Eigentlich ist das nicht wahr.

Wenn wir diese drei Dinge betrachten, von denen Bhagavan spricht: „Jene, die festen Glauben an Mich haben“. Glaube ist nichts Oberflächliches, Glaube ist nicht: „Oh, ich glaube blind an etwas“.  Durch den Glauben erkennst du das, was du nicht wusstest.

„Jene, die Mich verehren…“ Wenn die Menschen der äußeren Welt die Devotees sehen, die die Gottheiten verehren, denken sie: „Oh meine Güte, diese Leute sind dumm! Diese Leute sind töricht, sie beten einen Stein oder ein Stück Metall an. Aber das ist nicht so. Bei der Verehrung der Gottheiten konzentriert sich der Geist, der etwas braucht, worauf er sich konzentrieren kann, auf das Göttliche. Entweder konzentriert er sich auf die Welt, und man wird zum Sklaven der Welt, oder der Geist hat ein bestimmtes Bild, einen bestimmten Fokus, eine bestimmte Ausrichtung. Der Geist eines Devotees konzentriert sich also nicht auf sich selbst, um seinen Stolz und sein Ego zu stärken, nein! Er konzentriert sich auf die Gestalt seines geliebten Herrn. Er ist das Objekt seiner Verehrung. Selbst wenn dieses Objekt begrenzt ist – der Geist, der unbegrenzt ist, der Geist, der großartig ist, hat gelernt, sich auf diese höchste Form zu konzentrieren. Denn in Wirklichkeit „trägt“ dieser Glaube die Form des Herrn, auch wenn sie in der Materie begrenzt ist. Wenn du glaubst, dass ein Stein ein Stein ist, wird er ein Stein sein. Wenn du aber glaubst, dass dieser Stein Gott ist, wird er zu einem Shiva-lingam. Wenn jemand dieses Objekt der Verehrung anbetet, bewirkt dieser Glaube den eigenen Fokus und die eigene Absicht.

Als dritte Gruppe nennt Bhagavan jene, die „ihren Geist auf Mich richten“. Seht, alle drei klingen ähnlich – jene, die Glauben haben, jene, die Ihn in einem Objekt finden und jene, die ihren Geist auf Ihn fokussieren. Es ist ähnlich, aber seht, wir können in Meditation sitzen, wir können japa machen, aber sehr oft wandert unser Geist umher. Doch hier sagt Bhagavan ausdrücklich: „Jene, die ihren Geist auf Mich richten – das betrachte Ich als das großartigste yoga“.

Dieser Fokus ist also nicht bloß ein Fokus. Es ist ein Fokus, bei dem sich die ganze Aufmerksamkeit auf einen einzigen Punkt richtet. Man kann einen Roman lesen und ihn einfach so durchblättern. Viele Menschen lesen einen Roman nach dem anderen, füllen ihren Geist mit so vielen Dingen, aber es hat keine Auswirkungen auf ihr Leben. Verändert ein Roman das eigene Leben? Nein, das tut er nicht! Man kann Hunderte von Romanen lesen, das wird das Leben nie verändern! Romane machen einen eigentlich noch dümmer, weil man dann versucht, ihn im eigenen Leben umzusetzen und denkt: „Ah ja, der Märchenprinz wird kommen“, und all dieses Zeug. Hier fangen die Probleme eigentlich an!

Aber wenn du dich auf den Herrn konzentrierst, wenn du dich auf Seine lila konzentrierst, dann erwacht etwas anderes in dir, und zwar das Verstehen des Lebens selbst. Denn bei dem, was Bhagavan durch die heiligen Schriften gegeben hat, das Bhagavatam, die Bhagavad Gita und so weiter, geht es um deine Reise zurück, um zu erkennen, wer du wirklich bist! Gehe über dieses Konzept des Geistes, der Sinnesorgane und des Intellektes hinaus! Aber das ist nur durch Demut möglich, anders kann es nicht geschehen. Wenn wir über Liebe sprechen, das ganze Konzept der Liebe, dann fühlt und kennt natürlich jeder Liebe auf eine bestimmte Art und Weise. Aber Liebe an sich ist eine sehr demütige Eigenschaft. Man gibt seine eigene Freiheit für etwas auf. Das ist Liebe! Das sieht man deutlich, wenn zwei Menschen ineinander verliebt sind. Beide geben ihre eigene Freiheit auf, um sich gegenseitig zu unterstützen, um miteinander auszukommen.

In letzter Zeit haben mir einige Devotees lustige Bilder wegen dieses Coronavirus zugeschickt, auch einige lustige Videos darüber, wie schrecklich es ist, wenn Menschen zusammenleben, es miteinander aushalten müssen, und was nach drei oder vier Tagen geschieht. Es ist wirklich lustig, sich das anzusehen. Aber so ist es nun einmal, es macht demütig. Heute Morgen habe ich von jemandem ein kurzes Video bekommen. Ein Mann will  seine Frau etwas fragen, und die Frau nimmt einen Gürtel und beginnt, ihn zu schlagen. Dazu steht geschrieben: „Nach vier Tagen Quarantäne“. Ihr seht also, die Natur schafft es,  jeden Einzelnen demütig zu machen! Demütig werden kann man auf viele Arten. Gerade jetzt ist die ganze Welt aufgerufen, demütig zu werden, sich Zeit zu nehmen, nach innen zu gehen. Ich wünschte wirklich, die Menschen würden das verstehen, denn wie ich zu Beginn des satsangs sagte, versuchen wir immer, die Liebe Gottes zu verbreiten, aber nicht jeder kann das wirklich verstehen. Aber das ist es, was wir haben, also…

Das erinnert mich gerade an eine Geschichte von zwei Nachbarn. Ein weiser Mann, sehr intelligent, sehr reich, kaufte einen schönen Obstgarten und hatte ein schönes Haus in diesem. Sein Nachbar war ein mürrischer alter Mann. Dieser Mann war sehr eifersüchtig auf seinen wohlhabenden Nachbarn. Also tat er alles, um diesen Mann, den Nachbarn mit dem schönen Haus, wütend zu machen, und er versuchte wirklich sein Bestes. Aus Eifersucht warf er Müll, er tat schreckliche Dinge, um seinen Nachbarn zu schikanieren. Eines Tages nahm er also wieder Müll mit und schob diesen unter dem Tor durch. Seinen Korb ließ er dort stehen. Als der kluge und intelligente Nachbar aus dem Haus kam, sah er den Müll, und was tat er? Er räumte den Müll einfach weg, nahm dann den Korb und füllte ihn mit einigen schönen Äpfeln. Dann ging er zu dem mürrischen Nachbarn und klopfte an die Tür.

Als der mürrische Nachbar das Klopfen hörte, sagte er: „Ja! Ich bin bereit, mit ihm zu kämpfen, denn endlich ist er zu der Einsicht gelangt, dass wir kämpfen müssen, dass wir uns wirklich schlagen müssen, damit er versteht, dass ich mächtiger und stärker bin als er.“ Als er die Tür öffnete, sah er den Mann mit dem Korb. Der Mann reichte ihm diesen,  angefüllt mit Äpfeln, und sagte: „Höre, ich gebe dir deinen Korb mit dem zurück, was ich habe. Du hast mir gegeben, was du hast, aber ich gebe dir, was ich habe.“

Ihr seht also, so gibt jeder dem anderen, was er hat. Wenn du demütig bist, gibst du der Welt das, was du in deinem Herzen hast.

Guruji, ich habe sowohl positive als auch negative Erfahrungen mit Deinen Swamis gemacht. Wenn man der Weisung eines Swamis nicht folgt, ist die Konsequenz die gleiche, wie wenn man der Weisung des gurus nicht folgt? Sie sind ja Deine Repräsentanten! Gibt es überhaupt eine Konsequenz?

Tatsächlich gibt es keine Konsequenzen, denn sie sind nicht euer Guru. Wichtig ist, sich darüber klar zu sein, wer der guru ist. Ich bin der guru für euch alle. Ob ihr also der Anleitung der Swamis folgt oder nicht – es hat keine Konsequenzen. Aber die Swamis haben eine bestimmte Aufgabe erhalten, und natürlich repräsentieren sie mich, also muss ihnen ein gewisser Respekt entgegengebracht werden. Aber wenn sie anfangen, sich selbst in die Rolle des gurus zu versetzen und erwarten, dass die Menschen ihnen folgen oder ihnen zu Füßen fallen, ihr prasad essen und so weiter – ich habe viele solche Dinge gehört -, dann ist das völlig absurd. Devotees sollten also wissen, selbst wenn sie von den Swamis eine Einweihung erhalten – ich bin der einzige guru und werde immer der einzige guru für sie sein! Ob ich nun physisch hier bin oder nicht, ich werde immer der guru für sie sein.

Wer oder was ist Gott für Dich? Kannst Du bitte die Essenz dessen, was Gott ist, mit uns teilen? Ich habe in meinem Leben so viele verschiedene Auffassungen davon gehabt, und ich würde gerne eine einzige haben!

Nun, du hattest viele verschiedene Auffassungen davon, und wenn dir diese nicht das richtige Verständnis dafür gegeben haben, wer Gott ist, dann glaube ich nicht, dass das, was ich dir sagen werde, etwas in deinem Leben ändern wird. Die Menschen mögen es, ein Konzept von Gott zu haben, und sie hören gerne, was und wie Gott  sein muss – nach ihrer Vorstellung! Sie suchen auf vielen Wegen, auf viele Arten, und sie erwarten, dass ihnen während dieser ganzen Zeit jemand sagt: „Gott ist so!“, und dann werden sie glücklich sein.

Es war einmal ein Mann, der ebenfalls von einem ashram zum anderen ging und immer seine Frage stellte. Natürlich erwartete er in seinen Gedanken eine bestimmte Antwort. Wenn man nämlich eine Frage auf diese Weise stellt, erwartet man eine bestimmte Antwort, die man hören möchte. Für manche muss Gott ein alter Mann mit langem Bart sein, sehr streng und sehr furchterregend. Seht ihr? Einigen gefällt die Vorstellung von Gott, dass Gott nur dazu da ist, ihre Wünsche zu erfüllen. Er ist wie ein wunscherfüllender Baum, wann immer sie sich etwas wünschen, was immer sie sich wünschen. Sie sagen gerne: „Oh Gott, bitte, erfülle mir diesen Wunsch.“ Sie wissen nicht einmal, ob Gott zuhört oder nicht zuhört, aber dennoch tun sie es – einfach um des Tuns willen.

Und dann gibt es andere, die aufrichtig und wahrhaftig ihr Leben der Erkenntnis Gottes widmen. Du erwartest von mir, dass ich deine Frage: „Wer ist Gott?“ beantworte. Wenn ich dir sagen würde: „Ja, Gott ist Liebe“, würde das die Liebe in deinem Herzen erwecken? Nein, das würde es nicht! Wenn ich dir sagen würde: „Gott ist Glückseligkeit“, würde das die Glückseligkeit in dir erwecken? Nein, das würde es nicht. Gott offenbart sich nur durch aufrichtige Hingabe, durch aufrichtige Sehnsucht nach Ihm, durch aufrichtiges Verlangen, Ihn kennen zu lernen. Warum sollte Er sich sonst offenbaren? Du, der du dich von einem Konzept zum anderen bewegst, du wirst dich auch weiterhin anderen Konzepten zuwenden, denn kein Konzept wird dich wirklich glücklich machen. Denn, wie du siehst, verschwendest du deine Zeit damit, dem Konzept über Gott hinterherzulaufen, anstatt deine Beziehung zu Ihm aufzubauen.

Dann wird die Frage aufkommen: „Aber ich kenne Ihn nicht, wie kann ich eine Beziehung zu Ihm aufbauen?“ Das wäre die nächste Frage in deinen Gedanken. Du siehst, auch wenn man die heiligen Schriften studiert, weiß niemand alles. Gott offenbart sich selbst. Wenn man etwas nicht weiß, dann beschäftigt man sich mit diesem Thema, oder nicht? Und dann lernt man etwas darüber. Wissenschaftler z. B. lernen etwas zuerst theoretisch, durch Bücher. Um etwas zu erforschen, setzen sie das Gelernte in ihrer Forschungsstätte in die Praxis um. Danach haben sie das Ergebnis. Es ist dasselbe, wenn man sagt: „Ja, ich möchte etwas über Gott wissen, ich möchte wissen, wer Er ist, was Er ist …“ und so weiter, sich aber nicht bemüht oder sich nicht auf die richtige Art und Weise bemüht. Wenn man sich auf die falsche Art und Weise bemüht, dann hat man natürlich noch mehr Konzepte. Man sieht das heutzutage, wenn wir uns diese Welt anschauen: die Menschen mögen sehr oft das Konzept, einfach nur glücklich zu sein. Sind sie wirklich glücklich? Nein, sie sind nicht glücklich, aber dennoch, weil es sich gut anhört, sagen sie: „Ich bin glücklich, ja, ich bin glücklich“.

Aber das Leben ist nicht nur das, nicht wahr? Man muss das wahre Glück im Leben finden.  Wenn wir über Gott sprechen, dann ist das nicht nur eine Vorstellung davon, nicht nur ein bloßes Wort, das keine Kraft hat. Wir müssen Ihn kennen lernen, wir müssen die Weisen und die Heiligen wahrhaftig lieben lernen, wir müssen überzeugt sein, dass sie diese Beziehung zu Ihm hatten, dass sie Ihn gekannt haben.

Einst war hier in Indien ein Reporter. Einige Leute, die Varkaris, gehen viele Tage lang nach Pandharpur, um darshan von Panduranga zu haben. Unter ihnen war ein alter Mann. Der Reporter fragte diesen Mann: „Wie viele Jahre sind Sie schon nach Pandharpur gegangen?“ Der alte Mann sagte: „Ich pilgere seit 70 Jahren. Jedes Jahr gehe ich einen ganzen Monat lang nach Pandharpur, um  Darshan von Panduranga zu haben.“

Und bedenkt auch, es gibt Millionen von Menschen, die dorthin gehen. Sie gehen nicht in den Tempel, um Darshan von Panduranga zu haben. Sie gehen und chanten ununterbrochen: „Vitthala, Vitthala, Vitthala, Vitthala“. Sie gehen, nur um darshan von der kalasha, d.h. dem Gefäß auf der Spitze des Tempels, zu haben. Sobald sie das gesehen haben, verbeugen sie sich und gehen zurück. Was für eine  Hingabe ist das!

Also sagte der Reporter: „Aber du hast Panduranga noch nie gesehen? Seit 70 Jahren kommst du zu Fuß hierher!“ Der Mann antwortete: „Ja, ich habe Ihn nie gesehen, aber ich vertraue darauf, dass Er mich sieht.“

„Wie kannst du vertrauen?“

Er sagte: „Ich vertraue auf das Wort des Heiligen Dnyaneshwar und Tukarams. Ich vertraue auf das Wort der Heiligen, denn sie haben Ihn gesehen, sie waren bei Ihm.“
Das ist wie mit den Hunden in der Umgebung. Sicherlich habt ihr nachts das Bellen eines Hundes gehört. Man hört einen Hund bellen, und sofort fangen alle Hunde in der Umgebung an zu bellen. Vielleicht hat dieser eine Hund einen Dieb gesehen. Haben alle anderen Hunde, die bellen, einen Dieb gesehen? Nein, haben sie nicht, aber sie vertrauen darauf, dass der eine Hund, der den Dieb gesehen hat, bellt, um alle anderen zu warnen. Sie vertrauen ihm. Wenn Hunde einander vertrauen können, können auch Menschen auf das Wort der Heiligen vertrauen.

Ich finde diese Antwort so schön, da sie zeigt, dass wir an das glauben sollen, was die Heiligen und sadhus und gurus sagen, und es wirklich versuchen sollen. Ich sage nicht, dass du alles sofort  in die Praxis umsetzen kannst, aber versuche wenigstens dein Bestes, um deine Beziehung zu guru und Gott aufzubauen. Nutze diese Gnade, und das wird Gott für dich sichtbar machen.

Jai Gurudev!

Hier findest du das Video vom Satsang ?