Bericht vom 3. Tag der Vaishnava Pilgerreise durch Südindien:

Nach der Einweihungszeremonie für den Giridhar Dham Ashram in Vrindavan (alle Fotos dazu gibt es hier) ging es am Montag, 5. Dezember 2016, nun für Guruji und einige Devotees direkt weiter auf eine exklusive Vaishnava Pilgerreise durch Südindien.

Unser Bruder Vandhanananda schreibt dabei einen Bericht auf Englisch für den internationalen Blog (Facebook). Hier nun die deutsche Übersetzung seines 3. Eintrags, mit dem Vandhan uns an den Erfahrungen der Reisegruppe teilhaben lässt:

Heute ist erst Tag drei unserer Pilgerreise. Vieles ist passiert, im Inneren und Äußeren; daher ist es hilfreich ein Ereignistagebuch wie dieses zu führen. Heute drehte sich alles um Bhakti, um das Entwickeln von Hingabe in Einklang mit Demut und um das Verehren von Heiligen als leuchtende Vorbilder für das Erreichen von Reinheit in ihrer Beziehung zu Gott, dem Allmächtigen. Ramana Maharshi (1879 – 1950) ist solch ein herausragender Heiliger der Gegenwart. Er wurde als Venkataraman Iyer in Tiruchuli, Tamil Nadu (Südindien) geboren. Im Alter von 16 Jahren verlor Venkataraman seinen Sinn für individuelle Selbstheit, ein Erwachen, das er später als Erleuchtung identifizierte. Ein paar Wochen danach, reiste er zum heiligen Hügel Arunachala in Tiruvannamalai, wo er für den Rest seines Lebens blieb. Wir besuchten seinen Ashram (in welchem auch sein Samadhi verehrt wird), also auch seinen vorherigen Ashram, Skandash, welcher sehr klein und in der Vegetation am Fuße Arunachalas eingebettet ist.

„Das Wissen aus Büchern ist kein wahres Wissen“

Während wir in der Mittagssonne den Hügel hochwanderten, blieb Guruji hier und da stehen, um seine preisenden Worte über den Heiligen an uns zu richten: Ramana Maharshis war wahrhaftig demütig; seine Hingabe gegenüber Gott und die Weisheit, die aus solch einer Demut hervorgeht, war vollkommen. Guruji sagte scherzend, dass das Wissen aus Büchern kein wahres Wissen sei, ansonsten wären alle Universitäten bereits in einem selbstverwirklichten Zustand. Er hob auch hervor, dass es nicht genüge, den Sinn des Lebens zu erkennen, um eine gute Person zu sein, denn es könne immer noch Stolz vorhanden sein. Nur wenn Bhakti entwickelt wird und das vorhandene Wissen dazu verwendet wird, mehr Liebe für Gott zu empfinden, ist dieses von Wert. Während wir von Arunachala aus über die Stadt am Fuße des Hügels blickten und die massive Tempelanlage betrachteten, die wir gestern besucht hatten, kam ein kleiner Affe und setzte sich in unsere Nähe. Guruji gab ihm eine Prasad-Banane und der junge Affe genoss sie. Wir gingen weiter und besuchten Höhlen, in denen Ramana Maharshi meditiert hatte, sowie einen kleinen Tempel, der dem Samadhi eines anderen Heiligen gewidmet wurde. Im Grunde geriet dieser Heilige in den Zustand Samadhi, sein Körper wurde beerdigt und er befindet sich heute noch in diesem Zustand!

Nach einer langen Wanderung kamen wir wieder unten in der Stadt an, wo gerade endlose Prozessionen stattfanden. Wir waren alle schon sehr durstig und hungrig, während wir gemeinsam mit Guruji auf unseren Bus am Straßenrand warteten. Wir kehrten dann zurück zum Shudananda Ashram, genossen ein einfaches Mahl und gingen auf unsere Zimmer, um eine Nachmittagspause einzulegen.

Um 16 Uhr brachen wir erneut zu einem anderen LakshmiNarayan-Tempel auf, der sich außerhalb von Tiruvannamalai befindet. Wir fuhren etwa eineinhalb Stunden mit dem Bus und übten während der Fahrt vedisches Chanten; ein kleiner Satsang wurde dabei auch abgehalten. Bei der Ankunft wurde Guruji vom Priester des Tempels mit Arathi und vedischen Mantras traditionell willkommen geheißen. Wir erhielten den Darshan der Deitys, zuerst von Mahalakshmi, anschließend von Mahavishnu in liegender Position – ein großartiger Anblick! Erstaunlicherweise, wurde es uns gestattet, die Treppen bis hinauf auf das Tempeldach zu besteigen und unter Anleitung zwischen den Tempeltürmen entlang zu gehen, all dies unter einem schönen Abendhimmel in Tamil Nadu. Auf dem Rückweg sprachen wir über die neun Formen von Bhakti und über das Prinzip des andächtigen Dienstes von Sri Mahalakshmi im Kontext unserer Linie und Philosolophie. Da Guruji entschieden hatte, eine zusätzliche Besichtigung eines anderen Ashrams zu machen, kam unser Bus früh zu Hause an. Später empfingen wir ihn freudig mit Kirtan, während eine Gruppe neuer indischer Devotees gespannt auf ihn wartete.

Nach dem Abendessen gab Guruji einen kurzen herzhaften Satsang, der davon handelte, dass man vorsichtig mit denen, die das eigene Leben betreffen, umgehen müsse. Er erzählte fröhlich die Geschichte über ,Big John‘. Es war einmal ein Busfahrer, der zufrieden seine Pflicht erfüllte und Bus fuhr. Nach einer Weile stieg ein neuer Fahrgast hinzu, Big John (BJ). BJ hatte einen riesigen, mit Muskeln bepackten Körper. Er sagte: ,Ich bin Big John und BJ zahlt nicht!‘ Der Busfahrer, der bisher mit seiner Pflicht zufrieden gewesen war, war nun verängstigt und eingeschüchtert, er sagte nichts. Dies ging so weiter für eine Weile, er wurde immer frustrierter und suchte nach einer Möglichkeit, das Problem zu lösen. Er begann nicht nur Karate zu praktizieren, sondern alle Kampfkünste, die er ausfindig machen konnte. Er trainierte im Fitness-Studio und war sehr strebsam. Nach einem halben Jahr fühlte er sich in der Lage, BJ gegenüber zu treten. Am nächsten Tag, als der Busfahrer arbeitete, betrat BJ den Bus erneut: ,Ich bin Big John und BJ zahlt nicht!‘ Dieses Mal stand unser Busfahrer erzürnt auf und trat ihm gegenüber: ,Wie wagst du es, nicht zu bezahlen! Heute wirst du, wie jeder andere auch, bezahlen!‘ Aber BJ entgegnete: ,Ich bin Big John und BJ zahlt nicht, denn – ich habe eine Dauerfahrkarte!‘

Guruji schloss die Geschichte, indem er uns daran erinnerte, dass wir unseren Verstand und unser Herz mit dem Guru in Einklang bringen sollten, da wir nicht ständig die Konsequenzen unseres Handeln erkennen können. Vor einer Entscheidung nachzufragen, kann den Devotee vor viel Schaden bewahren. Ein Fehler kann schnell geschehen, es könnte aber lange dauern und viel Anstrengung kosten, diesen nach Möglichkeit wieder zu korrigieren. Deswegen sollten wir weise handeln, wenn wir uns für unser Leben etwas wünschen.“
(Anmerkung: Dies ist nicht eine wortwörtliche Wiedergabe von Gurujis Erzählung.)